Seit Freischaltung des neuen Kundenportals per 16.11.2022 wurden alle Einspeiseanfragen darüber kanalisiert und insgesamt bis Ende März 2023 rund 10.000 PV-Netzzugangsanträge direkt im neuen Kundenportal abgewickelt - davon wurden 3.900 Anfragen aus dem Alt-System migriert und 5.800 Anfragen sind neu über das Portal eingegangen.
In den ersten 4,5 Monaten des Betriebs des neuen Kundenportals konnten von Mitte November 2022 bis März 2023 rund 5.000 Netzzugangsanträge automatisiert bearbeitet werden (53 %). In den ersten Betriebsmonaten des Portals konnte der Automatisierungsgrad von rund 40% auf 66% Prozent gesteigert werden. Dieser hängt in erster Linie von den Eingangsdaten und die Übereinstimmung mit den vorhandenen Kundendaten ab – wir arbeiten natürlich an einer weiteren Steigerung des Automatisierungsgrades. Die aktuelle Bearbeitungszeit für Anlagen unter 20 kWp im verbauten Gebiet (betrifft einen Großteil der Anfragen im Privatbereich) beträgt dabei rund 7 bis maximal 12 Tage, wenn eine automatisierte Bearbeitung möglich ist.
Manuelle Bearbeitungsschritte sind weiterhin notwendig, wenn im nicht verbauten Gebiet eine technische Netzbeurteilung erforderlich ist, Doppelbeantragungen oder unklare bzw. fehlerhafte Angaben von den Kunden/innen eingebracht werden oder auch eine Datenbereinigung mit den Kundenstammdaten in den Systemen erforderlich ist. Das ist auch der Grund, warum manche Kunden/innen ihr Angebot rascher erhalten als andere.
Die neuen Anlagen müssen sich den technischen Regeln für den Anschluss und sicheren technischen Betrieb unterwerfen und dürfen die ungestörte und sichere Versorgung anderer Netzkunden nicht beeinträchtigen.
Für PV-Anlagen ist daher beim Netzanschluss eine Anschlussbeurteilung (-berechnung) für die sichere Integration in das Stromnetz gemäß den gültigen technischen Regeln und Normen notwendig!
Die Netzbeurteilung für größere Anlagen (größer 20 kWp oder im unverbauten Gebiet) erfordert allerdings diverse manuelle Bearbeitungsschritte, die Ende Q1 2023 Bearbeitungszeiten – aufgrund des enormen Andrangs - von bis zu 25 Wochen ergeben.
Neben der Bearbeitung der laufend eingehenden Anfragen wurde seitens TINETZ natürlich auch ein Fokus auf die Abarbeitung des Rückstaus aus 2022 gesetzt, dazu wurden diverse „Task-Forces“ eingesetzt, wo Mitarbeiter/innen aus anderen Abteilungen oder von extern in Teilprozessen Unterstützung leisten können. Bis Anfang Mai 2023 wurden demnach alle offenen Anträge aus 2022 bis 20 kWp, die noch manuell abzuarbeiten waren, erledigt und bis Mitte Juni 2023 sind auch alle Anfragen aus 2022 über 20 kWp mit erforderlicher Netzbeurteilung abgearbeitet.
Zu den eingegangenen Anfragen konnten wir in 2023 bis Ende April rund 3.600 Angebote für PV-Einspeiseanfragen an Kunden/innen übermitteln. Hochgerechnet auf 2023 könnten wir heuer damit bis zu 11.000 Angebote für PV-Einspeiser schaffen. In den Regeljahren der Vergangenheit wurden bis zu 700 PV-Einspeiseangebote pro Jahr an Kunden übermittelt, 2020 waren es schon 1.210 Angebote und im Jahr 2021 (am 27.07.2021 wurde das EAG2020 im Nationalrat beschlossen) dann schon 1.970 Angebote. 2023 werden wir damit praktisch in 2 Monaten jeweils das gesamte Jahrespensum aus 2021 umsetzten.
Als Netzbetreiber ist uns der aktive Beitrag jedes einzelnen Kunden zur Klima- und Energiezukunft mit der Errichtung einer Photovoltaik-Anlage ein Anliegen, das wir tatkräftig unterstützen. Die neuen Anlagen müssen sich allerdings den technischen Regeln für den Anschluss und Betrieb unterwerfen, denn Ihr Engagement für das Klima- und die Energiezukunft darf die ungestörte und sichere Versorgung anderer Netzkunden nicht beeinträchtigen.
Derzeit werden PV-Anlagen im verbauten Gebiet mit einer Anlagengröße von 20 kWp ohne breite Netzbeurteilung angeschlossen. TINETZ hat in der Vergangenheit die Netze vorausschauend und mit entsprechenden Reserven ausgebaut – das hilft in der aktuellen Situation.
Für alle Anlagen außerhalb des verbauten Gebiets sowie mit einer Anlagengröße über 20 kWp ist aber eine Netzbeurteilung erforderlich, um für den Anschluss sicher zu stellen, dass der Betrieb von benachbarten Kundenanlagen nicht unzulässig beeinträchtigt wird oder Betriebsmittel im Netz überlastet werden. Das erfordert aktuell längere Bearbeitungszeiten.
Wird das nicht durchgeführt, kann es zu unzulässigen Netzrückwirkungen (Flackern des Lichtes, …) oder zu Überspannungen in (der eigenen sowie in anderen) Kundenanlagen kommen.
Zudem wäre es auch möglich, dass es bei unkontrolliertem Anschlusszuwachs zu unzulässigen Belastungen von Betriebsmittel kommt.
Die Verteilnetze wurden in der Vergangenheit quasi als „Einbahnstraßen“ errichtet – der Stromfluss also der „Verkehr“ ist vor allem von zentralen, größeren Kraftwerken vom Hochspannungsnetz über die Mittel- und Niederspannungsnetze zur den Betrieben und Haushalten geflossen. Dezentral verteilt gab es nur vereinzelt „Klein-Kraftwerke“. Mit der Energiewende erhält praktisch jedes (oder jedes zweite) Hausdach mit der PV-Anlage ein dezentrales Kraftwerk, von dem im Sommer an schönen Sonn- und Feiertagen (mit viel Sonne und wenig Verbrauch) der Strom in die entgegen gesetzte Richtung fließt – als „Gegenverkehr“ aus den Nieder- und Mittelspannungsnetze zurück in die Hochspannungsnetze. Damit das immer und überall funktioniert, müssen die Einbahnstraßen nun alle praktisch gleichzeitig auf Gegenverkehr ausgebaut also verbreitert oder mit „intelligenten Verkehrsleitsystemen“ (also Regelungsmechanismen) ausgestattet werden, damit der „Verkehrsfluss“ staufrei und ohne Behinderung möglich ist.
Flächendeckend das Straßennetz in einem Bundesland oder in ganz Europa auszubauen, ist eine Marathonaufgabe, die enorme Anstrengungen und vor allem Zeit für die Umsetzung braucht. Es ist kaum vorstellbar, dass alle Gemeinde- und Landesstraßen in Tirol in wenigen Jahren von Einbahnstraßen auf Gegenverkehr ausgebaut werden würden. Und vor einer solchen enormen Herausforderung stehen aktuell aber die Netzbetreiber.