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01.09.2023

Zu warm und mit heftigen Unwettern - der Sommer 2023 fordert die TINETZ-Einsatzkräfte

Sturmereignisse im Juli und Hochwasserereignis Ende August fordern die TINETZ-Einsatzkräfte.

Sturmereignisse im Juli

Der Juli 2023 bringt in Europa und Tirol Rekord-Hitze und als Folge  auch einiges an Gewittern und Stürmen mit sich:  In der Nacht von 11. auf 12. Juli zog eine Gewitterlinie von Vorarlberg über Tirol bis Oberösterreich mit neuen Juli-Sturmrekorden an mehr als der Hälfte der vorhandenen Messstationen, weitere Sturmrekorde folgten bereits wenige Tage später. Am 18. Juli wurden am Flughafen Innsbruck mit 161 km/h ein neuer Rekord gemessen und in Österreich die fünfthöchste je gemessene Böe abseits der Bergstationen.

Insgesamt brachten die schweren Gewitter nicht nur extreme Windgeschwindigkeiten, sondern auch zentimetergroße Hagelkörner mit sich.

Die Gewitterstürme führten im Netz der TINETZ zu Flächenstörungen größeren Umfanges, von denen durch Versorgungsausfälle insgesamt etwa rund 54.000 Haushalte in 103 Gemeinden betroffen waren.

Insbesondere traf es beim Gewittersturm am 11.07. abends die Bezirke Imst, Kufstein, Kitzbühel und Schwaz mit den Tälern Brixental, Zillertal bzw. Ötztal und beim Gewittersturm am 18.07. nachmittags die Bezirke Landeck, Imst, Schwaz und Lienz. Es kam aufgrund der Sturmböen zu mehreren Baumbrüchen auf 110-kV-Leitungen im Brixental (eine Störstelle), im Ötztal (3 Störstellen) sowie in Osttirol Amlach-Lienz. Es mussten 14 Störungen im Hoch-, rund 50 im Mittel- sowie 30 Störungen im Niederspannungsnetz bearbeitet werden.

Vom Ausfall betroffen waren fast 1.100 Trafostationen - rund ¼ aller Stationen der TINETZ. Die Zugänglichkeit der Störstellen für Reparaturen war vor allem im Ötztal bzw. im Brixental das große Problem.

Arbeiten an der 110-kV-Leitung Sölden (18.07.23)

Aufgrund von Verkabelungsoffensiven der letzten Jahre sowie intensiver Ausholzungen entlang der wichtigen Leitungstrassen konnten trotz der außerordentlichen Wetterbedingungen weitere Ausfälle vermieden werden.

Zur temporären Ersatzversorgung waren auch 7 TINETZ-Notstromaggregate im Einsatz.

Baumwurf 110-kV-Leitung Brixental (11.07.23)

Mastbruch Bereich Inzing (18.07.23)

Arbeiten 110-kV-Leitung Amlach-Lienz (18.07.23)

Hochwasserereignis Ende August

Die hohen Temperaturen in Europa führen zu höheren Temperaturen im Mittelmeer, sodass bei der Entwicklung von Tiefdruckgebieten mehr Feuchtigkeit aufgenommen werden kann als üblich. So entwickelte sich Ende August ein Tiefdruckgebiet namens "Denis" mit Kern über den Britischen Inseln zu einer ausgeprägten Tiefdruckzone über Südfrankreich und Norditalien, die feuchte Luft in die Alpen und nach Westösterreich brachte und entlang des Alpenhauptkammes intensiven Regen auslöste.

Entsprechend der Vorwarnung der GeoSphere Austria kam es hier - beginnend mit Sonntag 27.08.2023 - zu starken und andauernden Niederschlägen. Die Wasserpegel der südlich des Inntals befindlichen Flüsse aber auch der Inn selbst von der Schweiz kommend erreichten bereits am Montag früh 28.08.2023 teilweise die „HQ5–Grenze“ und steigerten sich im Tagesverlauf auf regional „HQ100“ (also zu einem Hochwasserereignis, das durchschnittlich alle 100 Jahre auftritt). Es wurden sowohl die Landeseinsatzleitung als auch die einzelnen Bezirkseinsatzleitungen aktiviert und auch TINETZ intern das Notfallmanagement hochgefahren.

Um kurz vor 7 Uhr kam es am Montag zur ersten Netzstörung im Bereich Sölden Klärwerk mit einer Versorgungsunterbrechung für ca. 3.600 Netzkunden. Auch die öffentliche Infrastruktur wurde schwer beschädigt und die Zugänglichkeit ins Ötztal sowie ins Pitztal war in Folge von Straßensperren nicht mehr möglich.

Die hochwasserführenden Bäche und Flüsse unterspülten Maststandorte oder legten Stromkabel frei und durch aufgeweichte Böden kam es zu Baumstürzen. Im Verlauf des Vormittages waren insgesamt rund 5.000 Haushalte in 10 Gemeinden von Versorgungsausfällen betroffen, insbesondere im Bereich Ötztal und Pitztal.

Durch den hervorragenden Einsatz unserer Montageteams in enger Abstimmung mit den Behörden konnte bis auf den Bereich Umhausen/Köfels die Versorgung bis Montagmittag in den betroffenen Gemeinden wieder hergestellt werden. Mit dem ersten möglichen Flugwetter am Dienstagvormittag wurde die Versorgung auch für den Bereich Köfels durch ein eingeflogenes Notstromaggregat wieder sichergestellt.

Trotz aller aufgetretenen Schäden und den dadurch noch anstehenden Wiederherstellungsmaßnahmen insgesamt sind wir dennoch quasi „mit einem blauen Auge“ davongekommen.

Nur durch den raschen, breit angelegten Einsatz und Vorbereitung der TINETZ-Mannschaften konnten die Auswirkungen in der Stromversorgung der TINETZ und damit für unsere Kunden so klein bzw. kurz wie möglich gehalten werden.

Transport des Notstromaggregates nach Köfels (29.08.23)

Ötztaler Ache Montagvormittag im Bereich Umhausen / Grantau (28.08.23)

Ötztaler Ache Montagvormittag im Bereich Umhausen / Grantau (28.08.23)

An diesen Ereignissen erkennt man, dass keine der Technologien zur Stromversorgung nur Vorteile aufweisen:

Während bei Sturm- und Schneefall Kabel einen Vorteil bieten, die nicht von Baumwürfen und Lawinenereignissen direkt betroffen sind, haben Muren und Ausschwemmungen bei Hochwasser gravierende Auswirkungen und Nachteile, wenn hier Kabelleitungen freigelegt werden. Defekte Freileitungen können in der Regel rasch (in wenigen Stunden bis zu einem Tag) wieder repariert werden, wenn der Untergrund fehlt kann eine Reparatur von freigelegten Kabeln oftmals unmöglich werden (zumindest aber mehrere Tage bis Wochen und sogar Monate dauern). Je nach Rahmenbedingung und Ereignis haben somit beide Technologien Vor- und Nachteile, die im Grunde nicht gegeneinander aufgewogen werden können.

Anmerkung:
Von 10.900 km Mittel- und Niederspannungsleitungen der TINETZ sind über 80 % (also über 8.900 km 25-kV- und Niederspannungs-Leitungen) verkabelt.
Die 1.200 km Hochspannungsleitungen der TINETZ (mit den Spannungsebenen 110 kV und 220 kV) sind überwiegend als Freileitungen ausgeführt.